Amorelie – Verkauf an EQOM und Ausstieg von Cramer
Der beliebte Online-Sexshop Amorelie wechselte 2021 den Besitzer. Er gehört jetzt nicht mehr dem mehrheitlichen Anteilseigner ProSiebenSat.1, sondern der EQOM-Gruppe aus den Niederlanden – einem der führenden Konzerne der Branche. Unter der Führung von Eric Idema reiht sich die Marke neben berühmten Namen wie Beate Uhse ins Portfolio von EQOM ein. Auf dieser Seite erfahrt ihr, was der Verkauf für Amorelie und treue Kund:innen bedeutet, was sich seitdem verändert hat und wie es nun mit dem Shop weitergeht.
Wie entstand der Internet-Sexshop?
Dafür zunächst ein paar Fakten zu Amorelie: Gegründet wurde die Brand 2013 von Lea-Sophie Cramer und Sebastian Pollok in Berlin. 2014 kaufte sich ProSiebenSat.1 – bzw. deren Tochter NuCom – mehrheitlich in das Erotik-Start-up ein. NuCom hielt von da an 98 Prozent der Firmenanteile, Cramer die übrigen zwei Prozent. Mit Fernsehwerbung und TV-Spots sorgte der Medienkonzern daraufhin für Furore und trug damit maßgeblich zur steigenden Bekanntheit der Marke in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei. Die Geschäftsführung von Amorelie hatten bis zum Verkauf die beiden CEOs Claire Midwood und Uwe Glander inne.
Was passierte 2021?
Im Jahr 2021 kündigte der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 an, Amorelie (bzw. die Sonoma Internet GmbH, die hinter der Premium-Marke für Sexspielzeug und Erotikzubehör steht) an die niederländische EQOM-Group zu verkaufen. 1 Auch die Gründerin Lea-Sophie Cramer trat ihre Anteile am Start-up im Zuge dessen ebenfalls an die Unternehmensgruppe aus den Niederlanden ab. EQOM gehört zu den Branchenführern im Bereich Sexzubehör und vereinnahmte 2019 bereits das insolvente Erotikunternehmen Beate Uhse mit Sitz in Deutschland.
Warum trennte sich ProSiebenSat.1 von Amorelie?
Laut eigenen Angaben wollte sich der Medienkonzern künftig wieder verstärkt auf sein Kerngeschäft fokussieren. Aus diesem Grund kam es neben dem Online-Shop für Sexzubehör auch zum Verkauf diverser anderer Firmen. 1 Neben dieser offiziellen Begründung dürften dabei aber auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben (dazu gleich mehr bei der Antwort auf die nächste Frage).
Warum stieg auch Cramer endgültig bei Amorelie aus?
Lea-Sophie Cramer gab in diversen Interviews und Podcast-Aufnahmen an, sich aufgrund eines Burn-outs – bzw. einer Erschöpfungsdepression, wie sie es selbst lieber bezeichnet – von ihrem eigenen Start-up zu trennen. 2
Wie auch bei ProSiebenSat.1 dürfte aber möglicherweise auch noch ein zweiter Grund den Ausschlag für den endgültigen Weggang gegeben haben: der steigende wirtschaftliche Druck. Während Amorelie anfangs mit Adventskalendern hohe Gewinne einfuhr, ließ der Hype um Erotik-Kalender für die Vorweihnachtszeit in den letzten Jahren nach. Der Markt – der zu Beginn noch exotischen – Sexspielzeug-Adventskalender wurde zunehmend von Konkurrenten geflutet und immer mehr Mitbewerber konnten auch in qualitativer Hinsicht mit der hochwertigen Marke aufschließen. Dadurch dürften die einst so populären Adventskalender der Brand nicht mehr die erhofften Gewinne eingebracht haben. Amorelie blieb auf den teils recht hohen Lagerbeständen sitzen, schaffte es nicht, diese abzuverkaufen und geriet zunehmend in die Bredouille.
Was geschah nach dem Verkauf von Amorelie?
Nach der Übernahme von Amorelie durch EQOM wurde neben dem neuen Chef Eric Idema außerdem ein interimsmäßiger Manager eingesetzt: Gunter Freiherr von Leoprechting. Als Inhaber einer Consulting-Firma für Unternehmenssanierungen und Umstrukturierungen machte dieser kurze Zeit später mit einem radikalen Sparkurs und massenhaften Entlassungen von sich reden – und das trotz wirtschaftlichen Wachstums und anfänglichen Angaben, das bestehende Amorelie-Management beizubehalten. 3
Welche Veränderungen brachte die Übernahme des Online-Sexshops mit sich?
Tatsächlich hatte der Verkauf von Amorelie an die niederländische Firmengruppe – wie bereits erwähnt – einige Konsequenzen. In erster Linie kam es auf personeller Ebene zu “Umstrukturierungen”.
Bevor das Berliner Erotik-Start-up die Eigentümerin wechselte, hatte es rund 130 Mitarbeiter:innen. Von ihnen entließ die neue Besitzerin laut eigenen Angaben “weniger als 30 Prozent” (was trotzdem rund 40 Angestellten entspricht) zugunsten von optimierten Unternehmensstrukturen und Prozessen. Einzelne Teams sollten effizienten Sales-, IT- und Logistik-Abteilungen weichen und so die Weichen für das zukünftige Wachstum stellen. Amorelie sollte demzufolge als Premium-Marke für Sexspielzeug und Co. künftig das Portfolio der EQOM-Group erweitern. 3
Wer steckt hinter der EQOM-Gruppe?
2020 fusionierten der Erotikriese EDC Retail und der Großhändler Eropartner Distribution – daraus entstand die EQOM-Group. Teil der Firmengruppe sind nun neben Amorelie z.B. auch Beate Uhse und EasyToys. Bei letzterem handelt es sich um den erfolgreichsten Webshop für Sextoys in den Benelux-Ländern.
Warum kaufte EQOM die Brand?
Unter der Leitung von Vorstandsvorsitzendem Eric Idema – einem niederländischen Unternehmer, der bis zum Zusammenschluss Geschäftsführer von EDC Retail war – will man EQOM als Dachfirma für verschiedene Erotikmarken etablieren und zum internationalen Marktführer in Sachen “Sexual-Wellness” machen. Um dieses Ziel zu erreichen, kauft die Gruppe sukzessive Shops im Sextoy- und Unterwäsche-Bereich – wie z.B. Amorelie.
Amorelie dürfte für die niederländische Firmengruppe wohl auch eine strategische Wahl gewesen sein: Mit der Premium-Brand will EQOM seine Präsenz in Deutschland ausbauen und sich gegenüber Mitstreitern in der Branche behaupten. Den größten Konkurrenten stellt dabei die Lovehoney Group dar. Sie gilt momentan als der größte Händler und Hersteller für Sextoys weltweit und befindet sich ebenfalls auf Expansionskurs.
Was ist die Strategie des Unternehmens und welche Ziele verfolgt es?
Während EQOM 2020 rund 100 Millionen Euro Umsatz erzielte, steuert die Unternehmensgruppe bis 2025 Idema zufolge eine halbe Milliarde Euro an. Im Jahr 2021 konnte man den Jahresumsatz – trotz Pandemie-bedingten Produktionsschwierigkeiten – bereits auf 212 Millionen Euro verdoppeln und scheint damit auf bestem Kurs zu sein. 4 Eine wichtige Strategie auf dem Weg zum Global Player ist der Ausbau der IT-Abteilung. Von dieser sollen alle Marken der EQOM-Group gleichermaßen in Form von leistungsstärkeren Webshops profitieren – so auch Amorelie.
Amorelie selbst konnte seine Jahresumsätze 2015 und 2019 kontinuierlich auf über 60 Millionen Euro steigern. 2020 verzeichnete der Online-Sexshop im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Umsatzrückgang 4 und auch die Bewertung des jungen Unternehmens sank. Bei den Gewinnen sah es dementsprechend ähnlich aus: Während diese 2017 fast 10 Mio. Euro und 2018 immerhin rund 5,6 Mio. Euro betrugen, machte man 2021 Verluste in Höhe von fast 10 Mio. Euro. 6 Diesen Trend bei den Umsätzen und Gewinnen dürfte die niederländische Firmengruppe nach der Übernahme aber höchstwahrscheinlich wieder umkehren wollen und dafür auch kräftig in das erneute Wachstum ihrer neuen Premium-Brand investieren.
Wie sieht der aktuelle Status bei Amorelie aus?
Über die Veränderungen beim Erotik-Start-up Amorelie nach der Übernahme durch die niederländische Firmengruppe ist – abgesehen von der strategischen Ausrichtung mit Fokus auf ein optimiertes Online-Shoppingerlebnis von Sextoys und Co. – relativ wenig bekannt.
Eines blieb aber auch nach dem Verkauf an die Niederländer vorerst gleich: die beliebten Amorelie-Adventskalender. Diese gab es in den vergangenen Jahren sogar in verschiedenen Ausführungen (u.a. in einer stylischen Premium-Version), die für jeden das Richtige bieten. Von Sextoys und Pflege bis hin zu anderen heißen Accessoires fürs Bett beinhalten die Kalender meist Produkte im Wert von mehreren hundert Euro zum Schnäppchenpreis und stellen eine spannende Alternative zu herkömmlichen Adventskalendern dar. 2022 verkaufte man erstmals auch Adventskalender aus dem Vorjahr ab. Als weiteres Novum erweiterte der “Naughty and Nice”-Kalender der EQOM-Gruppe das Amorelie-Kalendersortiment.
Quellen
1 Frankfurter Allgemeine Zeitung: ProSiebenSat.1 verkauft Internet-Sexshop Amorelie
2 Business Punk: Lea-Sophie Cramer: „Ich bin nicht stolz darauf, dass ich mich so überarbeitet habe”
3 Business Insider, Gründerszene: Massenentlassung bei Amorelie — das steckt dahinter
4 finanzen.at: OTS: EQOM Group / EQOM Group (Amorelie, Beate Uhse) verdoppelt Umsatz
5 Statista: Umsatz von Amorelie in den Jahren 2015 bis 2020
6 Northdata: Sonoma Internet GmbH, Berlin