Adventskalender im Dritten Reich
Während des Nationalsozialismus wurde der heutige Adventskalender Weihnachts- oder Vorweihnachtskalender genannt und die damals abgedruckten Motive können als „zeitgemäß“ beschrieben werden.
Zu der damaligen Zeit war es das Ziel, das Christentum nach und nach zu verdrängen. Hierdurch wurden nationalsozialistische Einflüsse mit den Jahren spürbarer und immer stärker präsent. Es wurden salutierende Soldaten und Hitlerjungen abgedruckt, welche das Christkind begrüßten. Verleger, wie zum Beispiel Reichhold & Lang, passten sich ebenfalls an die damalige Zeit an. Zwar gab es auch etwas andere Kalender, wie einen Kalender zum selber Bauen des Dresdner Verlags C. C. Meinhold & Söhne, jedoch verstärkten sich die nationalsozialistischen Einflüsse mit dem Gesetz der Rassentrennung weiter.
Frühere Proteste, welche sich gegen die Verdrängung der weihnachtlichen und kirchlichen Traditionen aussprach hatte zur Folge, dass die damalige Regierung raffinierte Strategien entwarf. So wurde der Glaube vorerst nicht weiter öffentlich bekämpft, sondern man dachte sich „Wahrheiten“ aus, welche die kirchlichen Traditionen infrage stellte und diese auf einen „germanischen“ Ursprung zurückführte.
Mit der Papierknappheit wurde ab 1940 holzartiges Papier oder Kartons für die Herstellung von Adventskalendern verwendet. Zudem wurden die Gewichte für Kalenderabreißblöcke und Kalenderrückwände genaustens festgelegt. Doch innerhalb der 1940er Jahre wurde der Adventskalender als Kriegs-unwichtig eingestuft und Produktionen wurden gestoppt. Hinzukam 1941 das Verbot der kirchlichen Presse und christliche Verlage mussten auch nicht religiöse Drucke veranlassen. Somit wurden nach und nach die Verlage geschlossen und Arbeitskräfte wurden für einen Kriegs-wichtigeren Einsatz umgesetzt. Durch den vorherrschenden Papiermangel und die vorgeschriebenen Zensuren wurde 1940 der vorerst letzte nachweisliche Adventskalender vom Echter-Verlag in Würzburg gedruckt.
1941 entwickelte die NSDAP ihren eigenen nationalsozialistischen Kalender, genannt „Vorweihnachten“. Dieser Kalender diente einer ausdrücklichen „nationalsozialistischen Gestaltung“. Der für die Vorweihnachtszeit gedachte Buchkalender wirkte auf den ersten Blick harmlos, bei näherer Betrachtung vermittelte er jedoch bereits von klein an die Ideologien des Nationalsozialismus. Auf 32 Seiten befanden sich Bastelanleitungen, Lieder und Spiele und ab dem Jahr 1942 wurde er auch in größeren Auflagen gedruckt. Der Kalender war für eine mehrfache Verwendung vorgesehen und so unterschieden sich diese innerhalb der nächsten Jahre inhaltlich kaum voneinander.
Durch nationalsozialistische Symbole und Kriegsbezüge beeinflusste dieser die Kinder ideologisch. Christliche Sprüche oder Gebete wurden entfernt und durch neuartige Symbole und Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel die Wintersonnenwende, ersetzt. Es wurde behauptet, dass dies der germanische Ursprung des Weihnachtsfestes sei und ursprüngliche Traditionen von der Kirche umgeformt wurden. Das Fest der Geburt Christi sollte demnach dem „Julfest“, einem germanisch-deutschem Glaubenssatz, weichen. Viele der Adventskalender-Seiten nahmen Bezug zu den Soldaten an der Front und viele der Gedichte würden nach der heutigen Zeit eher als „zumutbar“ für Kinder eingestuft werden.
Der scheinbar harmlos wirkende Adventskalender für Kinder, wurde zur Vermittlung politischer Propaganda genutzt. Dies gilt schon allein für das Titelbild. Dort ist ein Feuerrad (Sonnenrad), inmitten eines Nadelbaumes, abgebildet. Das Sonnenrad hat hierbei die Form einer Swastika („Hakenkreuz“). Doch das Bild sagt noch weit mehr aus, als es auf den ersten Blick vermuten lässt: Das Licht des kreisenden Symbols schmilzt den Schnee des Weihnachtsbaumes und steht als Zeichen für den Sieg des Lebens über den Tod.
Weitere ideologische Werte fand man inmitten von Bastelanleitungen. Es wurde das Basteln von Baumschmuck ahnenüberkommender Sinnbilder der germanischen Weltanschauung empfohlen. Kleine Details innerhalb des Kalenders spiegeln immer wieder Krieg und Not zu der damaligen Zeit wider. So wurden zum Beispiel Backrezepte ohne Ei abgedruckt. Der jedoch Stärkste Fokus des Kalenders war die Stärkung der Verbindung zu den Soldaten an der Front. Fast jede Seite behandelte diese Thematik. Es sollten unter anderen Schnittbrettchen als Geschenk für die Soldaten an der Front angefertigt werden. Hinzu kamen weitere Dankessprüche, Worte und Lieder. Die Kinder sollten in erster Linie gedanklich bei den Soldaten sein.
Ein weiteres, sehr ausgeprägtes Thema ist der Bezug zu den Ahnen. Es gab Bastelanleitungen für den „Stammbaum der eigenen Sippe“. Inhaltlich wurden die Kinder immer wieder zum Gehorsam aufgefordert und sollten gegenüber der Mutter stets hilfsbereit sein.
Doch auch wenn das öffentliche Leben ganz unter den nationalsozialistischen Einflüssen stand, entzog sich das Familienleben Zuhause dem direkten Zugriff der Regierung. Manche Familien verbesserten Gedichte wieder in seinen Ursprung und ersetzten das Wort „Führer“ durch „Gott“.
Der Kalender „Vorweihnachten“ gilt als einer der ersten Mitmach- und Bastelkalender. Nach dem Krieg wurde dieser aufgrund der nazistischen Inhalte indexiert. Später in der BRD wurde er zensiert verlegt (1969, 1973, 1982) und wird auch heute noch vertrieben.
Quellen
Breuer, Judith; Breuer, Rita (2000): Von wegen Heilige Nacht! Das Weihnachtsfest in der politischen Propaganda. Mülheim an der Ruhr: Verl. an der Ruhr.
Gajek, Esther (1989): Adventskalender. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München: Süddt. Verl.
Peschel, Tina; Bouchette, Gretel; Vanja, Konrad (Hg.) (2009): Adventskalender. Geschichte und Geschichten aus 100 Jahren; Husum: Verlag der Kunst Dresden.